Schreibimpuls heute: Beschreibe die Hände deiner Mutter - damals, heute, so, wie du sie erlebt und in Erinnerung hast. Dann mal ran!
Die Hände meiner Mutter… ich erinnere sie immer kalt, immer gepflegt, feingliedrige Pianisten-Hände, ein wenig vom Rheuma verzogen, doch nicht viel, mit Ringen geschmückt. Schöne Hände. Ich sehe sie beim Gemüseschneiden, Kochen, Klavierspielen und Babys halten. Beim Singen auf der Bühne folgen sie großen Gesten, ohne theatralisch zu wirken, eine Bewegung, die ganz natürlich dem Fluss der Musik folgt, sich von ihm tragen lässt, ihn durchteilt, führt und formt. Ich sehe sie an meinem Bett sitzen mit einem Buch, darin nach Antworten suchend, Antworten für meine Depressionen, meinen Liebeskummer, mein Unglück. Ich sehe sie die Seiten teilen, den Finger auf eine Stelle halten, mir das Buch zum Lesen übergeben. Und ich sehe sie, wie sie ihre eigenen Hände studiert, immer wieder die Linien in ihrer Hand erforscht, gründlich untersucht, nach Merkmalen für Glück und Unglück sucht und sie findet – vor allem Merkmale des Unglücks. Ich sehe sie beim Halten ihres Pendels, das immer stark ausschlägt, links oder rechtsherum, entweder ein klares Ja oder ein klares Nein, darauf bestehend, dass das Pendel ihre Hände in Schwingung versetzt, nicht umgekehrt. Viel gibt es nicht zu sagen. Es sind schöne Hände, mit den Jahren etwas mehr vom Rheuma verzogen, doch immer gepflegt, mit Ringen geschmückt. Die Hände einer Musikerin.
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